Bericht Grundschultag 2018

Mitgliederversammlung /Grundschultag 2018
Die Kinder stärken -Teilhaben statt Recht haben“
Sa., 17. November 2018 – Düsseldorf

 

Bericht

Haltung und Kommunikation
Wirksames Konfliktmanagement in der inklusiven Schule
Torsten Schumacher, Konflikt- und Anti-Aggressionstrainer https://www.torsten-schumacher.com
Der zentrale Inhalt des Vormittags war ein Vortrag zum Thema „Haltung und Kommuni-kation – Wirksames Konfliktmanagement in der inklusiven Schule“ von Torsten Schumacher, aktuell Konflikt- und Anti-Aggressionstrainer, bis zum Jahr 2016 als Lehrer tätig. Sehr an-schaulich ging es um pädagogische Haltung und pädagogische Kommunikation, gleichzeitig auch um Lehrergesundheit und darum, wie man sich unter schwierigen Bedingungen noch oder wieder wohlfühlen kann als Lehrer*in an der Schule, der/die oft verlernt hat auf sein „Würmli“ (Bauchgefühl) zu hören, dies aber er-neut lernen kann.
Der Referent konnte mit zahlreichen Beispielen deutlich machen, dass Kränkungen, Demütigun-gen, Zurückweisungen eine ebenso verheerende Wirkung haben wie körperli-che Gewalt und dass all dies oft die häusliche Erfahrung derjenigen Kinder ist, die uns Lehrer*innen an unsere Grenzen bringen.
Es kam sehr eindrucksvoll beim Zuhörer an, dass das häufige Hören schmerzen-der Worte ebenso wie wie-derkehrendes Nicht-beachtet-Werden Kinder tief verletzen kann. Logisch, dass verletzte Kinder zumachen und lieber selbst austeilen, um die eigene Verletzlichkeit und Ohn-macht nicht weiter spüren zu müssen. Als Gegenmittel brauchen diese Kinder die Schule als sicheren Hafen, was Torsten Schumacher mit einem kleinen Leuchtturm symbolisierte. Soll heißen: Klare Verhältnisse, nicht herumeiern, sondern „ja heißt ja“ und „nein heißt nein“, also eine klare Trennung zwischen Person und Verhalten, wie sie in den Worten zum Ausdruck kommt: „Verstehen, aber nicht einverstanden sein“ (Gall).
„Konfrontation“ muss sein, jedoch nicht zwecks Unterwerfung, sondern zwecks Schutz des Dritten („triadische Konfrontation“). Auch bei der Vorstellung eines Stufenmodells machte Schumacher deutlich, dass die Basis einer konstruktiven Konfliktbearbeitung die innere Haltung der Wertschätzung gegenüber der Per-son ist. Dann kann die „Gegenerfahrung“ gelingen, dann kann die Lehrperson erfolgreich neue Reize setzen, die angenommen werden können, wenn klar ist: „Ich mag dich, aber ich setze dir Grenzen“. Strukturen erleben (Schüler*innen), Strukturen geben (Lehrer*innen) ist ebenfalls grundlegender Teil des Konzepts.
Insgesamt bot sich ein facettenreiches, aufrüttelndes und zugleich Mut machendes Plädoyer für eine dem Menschen zugewandte und gleichzeitig sehr bewusst und klar agierende Pädagogik, über die anschließend in Kleingruppen ein lebhafter Austausch stattfand.

 

Arbeitsgruppe 1
Partizipation Kinderrechte, Mitbestimmung, Klassenrat
(Elisabeth Stroetmann – www.education-y.de)
„Eigentlich sollten Kinderrechte selbstverständlich sein. Trotzdem werden sie jeden Tag weltweit gebrochen und missachtet. Kinder müssen die reale Möglichkeit haben,
ihre Rechte einzufordern und in Anspruch zu nehmen.
dafür ist es wesentlich, dass sie ihre Rechte auch kennen.
Schule nimmt hier eine zentrale Rolle ein.“
(Elisabeth Stroetmann)
In diesem Workshop machte sich Elisabeth Stroetmann vom Landesprogramm Kinderrechte NRW stark dafür, die 1989 zum Schutz von Kindern und Jugendliche verabschiedete UN-Kinderrechtskonvention in den Schulalltag und das Schulprogramm einzubinden. Der dort vertretene Kinderrechtsansatz betrachtet nicht nur Bedürfnisse von Kindern, sondern fragt gleichermaßen auch nach deren Rechten.
Doch welche Rechte haben Kinder? Damit Kinder ihre Rechte einfordern können, müs-sen sie sich dieser bewusst sein.
Das Landesprogramm KINDERRECHTE unterstützt Schulen dabei, ihre pädagogische Praxis an der UN-Kinderrechtskonvention auszurichten und Kinderrechte im Schulalltag zu verwirklichen, mit dem Ziel „eine partizipative, inklusive und diversitätsbewusste Lernumgebung für alle Kinder und Jugendlichen zu schaffen.“
Frau Stroetmann gab im Workshop Einblicke in die, in der UN-Kinderrechtskonvention festgehaltenen Kinderrechte (www.kinderrechte.de) und zeigte auf, wie diese mit Kin-dern in der Schule thematisiert werden können. Dazu zeigte sie u.a. konkrete Möglich-keiten auf wie Partizipation und Partizipationsrechte in der Schule beispielsweise durch Mitgestaltung des Schullebens (Schülerparlament), Mitgestaltung des Unterrichts (u.a. Transparenz des Unterrichts und Frage nach dem Interesse der Kinder), Mitsprache bei der Themenauswahl und Feedback zu Lernbedingungen realisiert werden können. Ent-sprechende Unterrichtsmaterialien und spannende Mitmachaktionen sowie Fortbil-dungsangebote für Grundschulen finden sich auf der Webseite des Programms: www.kinderrechteschulen-nrw.de.
In dem Workshop wurde insbesondere deutlich, wie wichtig die Auseinandersetzung mit Kinderrechten in Schulentwicklungsprozessen ist, da es nur nachhaltige Wirkung zeigt, wenn die UN-Kinderrechtskonvention zum Ausgangspunkt schulischen und außer-schulischen pädagogischen Handelns wird.
Karina Höveler

 

Arbeitsgruppe 2
Tugend Projekt – ein Weg Kinder zu stärken und das Zusammenleben zu verbessern (Sylvia und Hugo Krakau – www.tugendprojekt.de)

Wie mit der Vermittlung von Tugenden Wege zu einem friedlichem und respektvollem Miteinander in der Schule gefunden werden können, zeigte der workshop den Teilnehmer*innen in beeindruckender Weise auf. Die Moderatoren Sylvia und Hugo Krakau verfolgen seit vielen Jahren in unterschiedlichen Kontexten die Absicht, die zielgerichtete Arbeit an und mit Tugenden als wichtige Orientierung für die Entwicklung von Charakterstärke von Kindern und Jugendlichen zu nutzen – in Schulen, Familien, Vereinen und Betrieben. Nach einer kurzen Einführung in die historischen Wurzeln des Projekts (www.virtuesprojekt.com) wurden die Teilnehmer*innen angeregt, sich zunächst selbst in die Auseinandersetzung mit ihren eigenen Tugenden zu begeben. Mit Hilfe von verschiedenen Tugendkärtchen wurden zunächst Tugenden als wertvolle eigene Ressource reflektiert und die gewonnenen Einsichten miteinander ausgetauscht – eine durchaus interessante Übung! In einem weiteren Schritt ging es darum, Strategien kennenzulernen, mit deren Hilfe Tugenden „vermittelt“ werden können – nicht im Sinne eines zusätzlichen Lerninhalts, sondern im Sinne eines Hilfsmittels, das die Dinge aufgreift und mit ihnen umgeht, die ein friedliches und wertorientiertes Arbeiten in der Schule beeinträchtigen. So kann z.B. das Sprechen über Tugenden und damit verbunden die Reflexion der eigenen Tugenden, die Kommunikation mit anderen (Kindern) darüber, die Gestaltung eines Tugendplakates u.ä. bereits einen ersten wichtigen Beitrag leisten um die Bedeutsamkeit und das Potential des Tugend-Projektes in der Schule erfahrbar werden zu lassen. Zahlreiche Materialien gaben weitere Einblicke und Anregungen, wie Schulen und Lehrer*innen sich auf den Weg machen können, „Tugenden zum Leben zu bringen“ und so die emotionale Stabilität und Stärke von Kindern zu fördern.
Fazit der Teilnehmenden: Ein sehr interessanter und spannender Ansatz, der Neugier und Lust auf Vertiefung geweckt hat!
Beate Schweitzer

 

Mitgliederversammlung / Wahlen
„Zur aktuellen Situation der Grundschule in NRW“
Als neuer Vorstand wurden gewählt:
Baldur Bertling, Maxi Brautmeier-Ulrich (Delegierte), Dietlind Brandt, Karina Höveler, Barbara Irrgang, Linda Kindler, Christiane Mika (Vorsitzende / Ersatzdelegierte) Beate Schweitzer,
Rückblick und Ausblick in Form einer Präsentation von Fotos, die während dieses Tages gemacht wurden. Unser Dank geht an die Kollegin Julia Feldkamp. Einige dieser Fotos sind in diesen Bericht eingestreut.
Beschluss der Mitgliederversammlung der Landesgruppe NRW des Grundschulverbandes
Qualität sichern und weiterentwickeln!
Grundschule ist auf dem richtigen Weg!
 Allen Kindern gerecht werden – das ist Entwicklungsziel vieler Grundschulen, zumindest derer, die Mitglied im Grundschulverband sind oder an denen viele Mitglieder des Verbandes alltäglich ihre Arbeit machen.
 Allen Kindern gerecht werden – dahin steuern die Menschen in Schulverwaltung und Schulaufsicht, die gemeinsam mit dem Grundschulverband eine Schule im Blick haben, an der gilt: „Kinder lernen Zukunft“.
 Allen Kindern gerecht werden – das wird auch mit Hilfe der vielen Veröffentlichungen des Grundschulverbandes an vielen Universitäten und Ausbildungsseminaren gelernt und gelehrt.
Wir brauchen eine Politik, die diese Entwicklung unterstützt.
Wir stellen fest:
Grundschule ist eigentlich ein attraktiver Arbeitsplatz.
Dennoch bleiben so viele Stellen unbesetzt, dass für Seiteneinsteiger und Laienpädagogen die Tore weit geöffnet werden. Diese sind aber nicht ohne weiteres in der Lage, die qualitativ anspruchsvolle Arbeit an Grund-schulen zu leisten.
Dieses Problem betrifft allerdings die einzelnen Grundschulen im Lande unterschiedlich. Es gibt Regionen, in denen freie Stellen – wenn überhaupt – fast ausschließlich mit Seiteneinsteigern und Laienpädagogen besetzt werden können. Andererseits gibt es Regionen, an denen selbst gut qualifizierte Bewerber abgewiesen wer-den können, weil dort „nicht hinreichend qualifizierte Bewerber“ nur vom Hörensagen bekannt sind.
Auch die inhaltliche Entwicklung der einzelnen Grundschulen ist sehr unterschiedlich. Das Spektrum reicht (um es nur an einem Aspekt zu illustrieren) von Schulen, an denen Integration und Inklusion erfolgreich gelebter Alltag ist, bis zu Schulen, an denen Integration und Inklusion lediglich als unbeliebte Reizwörter den Alltag belasten.
Dennoch: Grundschule ist – auch in NRW – insgesamt auf einem richtigen Weg hin zu einer Schule, die allen Kindern gerecht werden kann. Auf diesem Weg gibt es allerdings viele Stolpersteine wegzuräumen:
Wir arbeiten daran und fordern:
Einige Stolpersteine sind eher Fragezeichen in den Köpfen der Pädagogen. Denen widmeten wir die inhaltlichen Diskussionen dieses Grundschultages:

  • Wie entwickeln wir eine pädagogische Haltung, die allen Kindern gerecht werden will?
  • Wie organisieren wir eine Kommunikation, die Vielfalt zulässt und nutzt?
  • Wie schaffen wir Partizipation, die wirkliche Teilhabe aller Beteiligten ermöglicht?

Andere Stolpersteine können nur von den politisch Verantwortlichen aus dem Weg geräumt werden. Dazu stellen wir diese Forderungen an die Politik. (Die folgenden Forderungen beziehen sich im Wesentlichen auf Lehrkräfte – in Bezug auf die anderen Mitglieder der multiprofessionellen Teams an Grundschulen gelten berufsbezogene Analogien.)

  • Angemessene Besoldung und Arbeitszeit – keine Unterschiede zwischen Schulstufen und Schulformen! Besondere Entlastung für Schulen in besonders belasteten Regionen!
  • Gleichmäßige Verteilung – Aussetzung der schulscharfen Ausschreibung!
  • Ausbildung mit Überprüfung – Nicht nur für die LAA!
  • Dritte Phase der Lehrerausbildung – Fortbildung als Dienst in der Dienstzeit!
  • Bedarfsgerechter Ausbau der Studienplätze – Aktuelle Geburtszahlen nutzen!Dies zu verfolgen sollte wichtigste Aufgabe der Bildungspolitik sein.
    So verstanden braucht Grundschule einen Masterplan, der die Realisierung dieser Maßnahmen zeitnah möglich macht.
    Was Schule allerdings nicht braucht, sind populistische Ablenkungsmanöver wie z.B. eine öffentliche Debatte um den Anfangsunterricht an Grundschulen.

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Grundschultag-2017-Bericht-fin.pdf

Beschluss der Mitgliederversammlung 2018

Beschluss der Mitgliederversammlung der Landesgruppe NRW des Grundschulverbandes (Düsseldorf 17.11.18)

Qualität sichern und weiterentwickeln!

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