Wenn der Länderbericht geschrieben ist, dauert es in der Regel 6 – 8 Wochen, bevor er in der aktuellen Ausgabe von “Grundschule aktuell” erscheint. Diesmal geht es um den Schulanfang nach den Weihnachtsferien und die Pläne des Ministeriums, den Zeitrahmen für die Beteiligung der Verbände an der Neufassung der Lehrpläne für die Grundschule kurz und knapp zu halten.

Länderbericht NRW für “Grundschule aktuell” Heft 153

Grundschule in Pandemiezeiten – Unterstützung durch die Politik?

Wie in allen anderen Bundesländern auch wird die Arbeit in den Grundschulen weiterhin von den Bedingungen der Pandemie bestimmt. Während jedoch unter dem Eindruck der  steigenden Infektionszahlen etliche Bundesländer den Präsenzunterricht einschränkten bzw. eine Mischung zwischen Distanz- und Präsenzlernen einführten, hielt die NRW-Regierung bis zu den Weihnachtsferien an ihrem Willen zu einem möglichst uneingeschränkten Präsenzunterricht fest. Der Grundschulverband setzt sich nachdrücklich dafür ein, die Öffnung der Schulen im Interesse der Kinder so lange es nur geht aufrecht zu erhalten – fordert aber eine entsprechende Unterstützung der Schulen. Die AHA-Regel und das empfohlene regelmäßige Lüften wurden von den Kolleg*innen unter hoher Belastung konsequent und gewissenhaft umgesetzt – trotz teilweise sehr fragwürdigen Bedingungen in den Klassenzimmern für Kinder und Lehrkräfte. Dieser enorme Einsatz darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass nach wie vor eine erkennbare Strategie der Politik über ein reines Ad-hoc Reagieren hinaus im Umgang mit der Pandemie an den Schulen fehlt und leider wertvolle Zeit über den Sommer dafür nicht genutzt wurde.

 

Neue Lehrpläne zum Sommer 2021

Es drängt sich dagegen eher der Eindruck auf, dass die Realität der schulischen Lehr- und Lernbedingungen in Pandemiezeiten im Schulministerium nicht gesehen wird –  wie sonst sind die ministeriellen Ansagen in Bezug auf die Einführung der neuen Lehrpläne zu verstehen?

Auf der Internetseite:

https://www.schulentwicklung.nrw.de/lehrlaene/lehrplannavigator-grundschule/index.html

teilt das Ministerium am 7. 12.20 mit: „Die Verbändebeteiligung gemäß § 77 Abs. 2 Ziffer 2 SchulG für die unten aufgelisteten Lehrpläne wurde eingeleitet. Das Mitwirkungsverfahren endet am 28.01.2021.“

Der Grundschulverband hält dazu fest:

Zeitpunkt und Prozess der Lehrplanüberarbeitung weisen auf ein mangelndes Verständnis der pandemiebedingten Belastungen der Schulen und ein sehr geringes Interesse an echter Partizipation durch die Betroffenen hin: Mitten in der Pandemie soll in wenigen Wochen die Verbändebeteiligung zur Lehrplannovellierung abgeschlossen werden!

Dieses vorgesehene ‚Beteiligungsverfahren‘ sieht Rückmeldungen von Vertreterinnen und Vertretern der Schulpraxis zu den erstellten Entwürfen innerhalb eines Monats vor und konterkariert damit alle Beteuerungen nach echter Partizipation: Der GSV  vermisst eine ausführliche und ergebnisoffene Diskussion der Fachexpertinnen und Fachexperten mit Vertreterinnen und Vertretern der Schulpraxis und einen zeitlich angemessenen Implementationsrahmen, der nach einer Erprobungsphase die Rückmeldungen sichtet, auswertet und in eine überarbeitete Endfassung überführt – in Kürze: Nicht Beteiligte betroffen machen sondern Betroffene ernsthaft beteiligen, das wäre das Gebot der Stunde.

Inhaltlich hätten wir Vieles an Details beizutragen. Wegen der Kürze der Zeit deshalb hier nur Grundsätzliches.

Wir treten ausdrücklich für eine Grundschule ein, die konsequent von den Bedürfnissen der Kinder ausgeht. Wir wollen die Grundschule so gestalten, dass die Lern- und Leistungsentwicklung aller Kinder auf der Basis erfüllbarer Kompetenzerwartungen bestmöglich gelingt. Mit dieser Haltung stehen wir Veränderungen der Richtlinien und Lehrpläne grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber.

So bewerten wir positiv die geplante Einführung des Fachs Ethik, die ein gemeinsames Lernen der Kinder, die weltanschaulich unterschiedlich sozialisiert sind, ermöglichen wird. Die Wertigkeit fachlicher Standards im Sinne von tragfähigen Grundlagen ist für uns selbstverständlich. Wir unterstützen ebenfalls die bereits bekannte Grundidee der Beschreibung von Kompetenzen, die Kinder auf unterschiedlichen Anforderungsniveaus erwerben. Allerdings üben wir deutliche Kritik an der Anzahl und der fehlenden Priorisierung der beschriebenen Kompetenzen und verbindlichen Inhalte. Zusätzliches wird ergänzt ohne Entbehrliches, zum Beispiel die schriftlichen Rechenverfahren, zu streichen. Wir nehmen den Lehrplanentwurf als Beschreibung eines unerreichbaren Erwartungshorizonts wahr, der Grundschullehrkräfte unter hohen Zeitdruck und Grundschulkinder unter Leistungsdruck setzt.

Kritisch bewerten wir ebenfalls die Betonung der Anschlussfähigkeit der Grundschullehrpläne an die Kernlehrpläne der weiterführenden Schulen. Diese grundsätzlich sehr wichtige und sinnvolle Verbindung muss von den Grundschullehrplänen aus gedacht werden und die Kernlernpläne der Sekundarstufe einer Überprüfung unterziehen!

Nach wie vor gilt die Eigenständigkeit der Grundschule – sie ist in diesem Sinne kein ‚Zuliefererbetrieb‘!

 

Einladung des GSV beim Bundespräsidenten

Wie der Arbeit der Grundschule in Pandemiezeiten Wertschätzung und Achtung entgegengebracht werden kann, zeigte sich durch die Einladung der NRW-Bundesdelegierten Maxi Brautmeier-Ulrich zu einem Gesprächskreis mit dem Bundespräsidenten. In einer Runde mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus verschiedenen beruflichen Kontexten nahm sich der Bundespräsident Zeit und Aufmerksamkeit um die jeweils spezifischen Probleme, Belange und Wünsche der Betroffenen zu hören und zu erörtern. Der Bundespräsident zeigte mit dieser Initiative einmal mehr seine große Wertschätzung der Arbeit der Grundschule – so wie er sie äußerst kenntnisreich auch in seiner Rede zum Festakt des 100. Geburtstag der Grundschule und des 50jährigen Bestehens des GSV im Jahr 2019 zum Ausdruck brachte. Wir freuen uns sehr über diese Anerkennung unserer Arbeit und danken dafür!

Hier geht es zur Internetseite des Bundespräsidenten mit dem Mitschnitt der Sendung.

https://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Berichte/DE/Frank-Walter-Steinmeier/2020/12/201211-Buergerlage.html?nn=15165110

 

Digitale Mitgliederversammlung und  Grundschultag 2021

Auch und gerade in Pandemiezeiten sucht die Landesgruppe nach Möglichkeiten des kollegialen Austausches und der Vernetzung. Unter dem Motto „Kinder lernen Zukunft – Was heißt das unter dem Eindruck der Pandemie?“ soll ein entsprechendes professionelles digitales Format noch vor den Osterferien angeboten werden. Nach einem Hauptvortrag soll in moderierten Kleingruppenforen Gelegenheit zu Gesprächen und gemeinsamen Austausch gegeben werden.

Weitere Informationen dazu  im  neuen Jahr auf unserer homepage:

www.grundschulverband.nrw.de

 

 

Für die Landesgruppe:

Beate Schweitzer

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