Berichte aus der Arbeit der Landesgruppe

Masterplan Grundschule

Ich berichte von einem Informationsgespräch zum Thema Masterplan Grundschule am 27.11.18 im MSB.
Eingeladen waren GEW, VBE, Landeselternschaft Grundschule, Schulleiter Gemeinschaft und der GSV.

Für diesen Bericht konnte ich nur meine handschriftlichen Notizen auswerten, da für die-ses Gespräch seitens des Ministeriums keine schriftlichen Unterlagen bereitgestellt wur-den. Am Ende der Veranstaltung habe ich ausdrücklich darum gebeten, dass bei einer weiteren angekündigten Gesprächsrunde mindestens ein Kurzkonzept aus dem Ministe-rium vorliegt, an dem entlang diskutiert werden kann. Zustimmung wurde signalisiert.

In seinem einleitenden Vortrag stellte Staatssekretär Richter den Stand der Überlegun-gen dar.
Es war dem Staatssekretär wichtig, zu erklären, dass dieses Gespräch als Beteiligung der betroffenen Verbände nicht das Ende sondern eher einen wichtigen Schritt des Prozes-ses darstellt, in dem das Ministerium die Vorgaben des Koalitionsvertrages im Dialog mit den Betroffenen zu einem Ergebnis bringen möchte, das auch deren Hinweise berücksichtigt.

Es hätte im Oktober eine Hausklausur gegeben, bei der auch einige Entscheidungen er-folgt seien.

Der Masterplan in seinen Grundzügen gehe vom Leitbild einer Grundschule aus, die „Leistungsstark – vielfältig – sozial“ sei.
Das würde an sechs Handlungsfeldern konkret gemacht.

1. Lehrkräfte unterstützen – Qualität sichern
2. Übergänge gelingend gestalten
3. Ganztagsbildung
4. Zusätzliches Personal gewinnen
5. Sächliche Rahmenbedingungen
6. Gemeinsam Lernen – wohnortnah

Im Verlaufe der Diskussion akzeptierte der Staatssekretär ein siebtes Handlungsfeld, das im Masterplan konkretisiert werden müsse:

7. Entlastung der Lehrkräfte

Wenn ich nun im Folgenden die Handlungsfelder beschreibe, ergänze ich die einleiten-den Ausführungen des Staatssekretärs und seiner Mitarbeiter mit den Hinweisen aus der Diskussion. Dabei soll auch meine Einschätzung dieser Veranstaltung deutlich werden, dass es sich tatsächlich um ein Beratungsgespräch handelte, bei dem alle Beteiligten sehr ernsthaft – aber auch mit gewisser humorvoller Distanz – in gegenseitiger Wert-schätzung die aktuellen Probleme der Grundschule und Möglichkeiten ihrer Überwin-dung benannt haben. Dieser Dialog soll – so alle Beteiligten –weitergeführt werden, wo-bei alle wissen, dass nicht viel Zeit bleibt für ausufernde Diskussionen. Auch wenn Grundschule immer noch die anerkannteste und erfolgreichste aller Schulformen und Schulstufen ist, machen die ausstehenden Lösungen für die aktuellen Probleme es er-forderlich, mit dem großen Wort von einem notwendigen Masterplan die Öffentlichkeit wachzurütteln und die erforderlichen Finanzen bei den Parlamentariern kurzfristig locker zu machen.

Handlungsfeld 1:
Lehrkräfte unterstützen – Qualität sichern
Mit Blick auf die Ergebnisse der jüngsten Studien des IQB braucht Grundschule eine fachliche Offensive in Mathematik, Deutsch und Sachunterricht, die sich auf wesentliche Inhalte konzentriert. In diesem Sinne sind die Lehrpläne zu überarbeiten und gleichzeitig eine Fortbildungsinitiative zu starten, die auch die Herausforderungen der Digitalisierung berücksichtigt. Auch wenn „Erstleseunterricht“ und „Rechtschreibung“ in den Augen der Medien hohes Gewicht haben, dürfen diese Themen die Überarbeitung des Lehrplans nicht dominieren.
Fest verabredet ist im Ministerium, den Englischunterricht erst in Klasse drei beginnen zu lassen, dann aber mit drei Wochenstunden, sodass der Umfang des Englischunterrichts in der Grundschule nahezu unverändert bleibt. Die gewonnenen Stunden in der Eingangsstufe sollen dem Bereich Sprache und Mathematik zugeschlagen werden. Woher die eine zusätzliche Stunde dann in Klasse drei und vier gewonnen wird, ist noch nicht vollends klar. Angedacht ist der Bereich Förderunterricht. Unstrittig ist, dass eine Aus-weitung der Stundentafel unzumutbar wäre.
Mit Blick auf die aktuelle, durch die Umstellung von G8 auf G9 anstehende Lehrplanarbeit der Sekundarstufe soll besonders darauf geachtet werden, dass die Beeinflussung nicht von oben nach unten erfolgt. Das Ministerium stimmte Überlegungen zu, dass in den Lehrplankommissionen der Sekundarstufe Grundschulleute beteiligt werden, und ebenso in den Lehrplankommissionen der Grundschule auch Menschen aus der Sekun-darstufe dabei sind.
Im Blick auf die Leistungsbewertung sind aktuell keine Änderungen geplant. Die zen-surenfreie Rückmeldung in Klasse 1 und 2 hat sich bewährt und auch die Schulen, die nach Beratung und Beschluss der Schulkonferenz in Klasse 3 leistungsbezogene Rück-meldungen ohne Ziffernnoten geben, sollen dieses weiterhin praktizieren dürfen – so jedenfalls auf Nachfrage der Stand der Überlegungen im Ministerium.

Handlungsfeld 2
Übergänge gelingend gestalten
Das betrifft Anfang und Ende der Grundschulzeit. Das Ministerium beabsichtigt, für die Erfassung der Lernausgangslage vor der Einschulung Material entwickeln zu lassen, das von den Schulen benutzt werden kann, aber nicht muss.
Die Zurückstellung vom Schulbesuch soll nicht allein von einem Gutachten des Amtsarztes abhängen. Eltern, die dieses beantragen, sollen vor der endgültigen Entscheidung durch die Schulleitung auch andere Gutachten beibringen können, die auch berücksich-tigt werden müssen/dürfen.
Da jahrgangsübergreifendes Lernen in der Eingangsstufe kein Standard in NRW ist (die Erlasse zur Wiederholung des ersten Schuljahres aber nur vor dem Hintergrund des JüL vernünftig erscheinen), soll auch die Wiederholung eines Teiles der Eingangsstufe nicht erst am Ende von Klasse 2 möglich sein, allerdings nur auf Antrag der Erziehungsberechtigten.
In der Diskussion über den Übergang nach der Grundschule zeigte sich einerseits, dass von Seiten des Gymnasiums eine höhere Verbindlichkeit erwünscht ist, dass seitens des Ministeriums aber keine Veränderungen am bestehenden Verfahren geplant sind. Es soll so bleiben: Gutachten sowie intensive Beratung durch die Grundschule und freie Entscheidung der Eltern, ohne dass die Aufnahme eines Kindes mit Verweis auf das Grund-schulgutachten verweigert werden kann.

Handlungsfeld 3
Ganztägige Bildung
Bisher sind auch dank der hohen finanziellen Mittel ca. 49% der Grundschulkinder in Maßnahmen des offenen Ganztages. Das ist aber noch weit entfernt von dem Ziel, den bisher vermuteten Bedarf bei 70 – 75% der Kinder zu befriedigen. Welche zahlenmäßigen Auswirkungen der von der Bundesregierung angekündigte Rechtsanspruch der Grundschulkinder auf ganztägige Bildung haben wird, ist gegenwärtig nicht abzuschät-zen.
Es darf allerdings nicht nur bei der Zahlendiskussion bleiben. Einigkeit besteht darin, dass die Entwicklung der Qualität im Ganztag Vorrang haben muss und die Flexibilisie-rung der Betreuung genau dort ihre Grenzen hat. Die Qualität des Angebots würde durch mehr Beliebigkeit nachhaltig beschädigt.
Unstrittig ist auch, dass die Qualität des Angebots nur mit qualifiziertem Personal möglich ist. Das zu gewinnen ist aber ähnlich schwierig, wie Personal für die Schule im enge-ren Sinne zu finden.

Handlungsfeld 4
Zusätzliches Personal gewinnen
Schule – so der Staatssekretär – die leistungsfähig, vielfältig und sozial sein will, braucht neben den gut ausgebildeten Lehrkräften für die Grundschule auch mehr Stellen für so-zialpädagogische Fachkräfte und sichere Beschäftigungsverhältnisse für die Schulsozialarbeit.
In allen drei Bereichen aber ist es schwierig, ausgebildetes Personal zu finden.
Freie Planstellen sollen deshalb auch mit nur teilweise qualifizierten Bewerbern besetzt werden können. Diese „Seiteneinsteiger“, „Aushilfslehrer“, „Laienpädagogen“ müssen – so die Gesprächsrunde – aber dringend die notwendigen Qualifikationen erwerben. Die bisher angebotenen Maßnahmen reichen dazu nicht. Die Diskussion darüber, wie das geschehen kann, ist offen.
– In der Rolle eines pädagogischen Assistenten könnte diese Personengruppe be-rufsbegleitend qualifiziert werden und
– die Hochschulen könnten Veranstaltungen speziell für diese Personengruppe an-bieten und
– die ZfsL könnten an Ausbildung und Prüfung beteiligt werden.
Diese „Seiteneinsteiger“ müssen aber auch gleichmäßig im Lande verteilt werden. Seit das schulscharfe Bewerbungsverfahren es möglich macht, dass sich die Bewerber die Schulen aussuchen, gehen immer mehr Schulen in ländlichen Regionen und vor allem in großstädtischen Problem-Ballungsräumen leer aus, wenn freie Planstellen mit qualifi-zierten Bewerbern besetzt werden sollen. Hier wo eigentlich die besten Lehrkräfte ge-braucht werden, bleiben nur noch „Seiteneinsteiger“, „Aushilfslehrer“, „Laienpädagogen“ als Personal übrig.
In der Wahrnehmung des Problems besteht Einigkeit – in der Lösung reichen die Vor-schläge vom Aussetzen der schulscharfen Stellenbesetzung und landesweitem Listenverfahren bis zu mehr Anreizen in Form von Zulagen oder Stundenreduzierungen.
Ich habe mit Nachdruck für Aussetzung der schulscharfen Stellenbesetzung argumen-tiert und dabei Verständnis bei GEW und Widerspruch beim VBE erfahren. Die Blicke der Mitarbeiter des Ministeriums schienen mir eine gewisse Zustimmung zu signalisieren, aber auch entspanntes Abwarten auf das Ende der Debatte unter den Verbänden.
Dass das ganze Problem auch wesentlich mit der Besoldung zusammenhängt, wird deutlich durch die hohe Zahl an ausgebildeten SEK 2 Lehrkräften, die keine Beschäfti-gung finden. Ihnen anzubieten, sich für die Primarstufe nachträglich zu qualifizieren, wä-re aber nur nachhaltig, wenn endlich der Konflikt um die Eingangsbesoldung (Stichwort A 13Z für alle) beigelegt ist.
Damit wenigstens zukünftig grundständig ausgebildete Lehrkräfte für die Primarstufe zur Verfügung stehen, muss – so einhellige Meinung der Teilnehmer dieser Gesprächs-runde – die Landesregierung sehr schnell die Anzahl der angebotenen Studienplätze am absehbaren Bedarf orientieren. Das Ministerium machte geltend, dass bereits jetzt eine nennenswerte (aber von mir nicht notierte) Anzahl von Studienplätzen Primarstufe neu geschaffen wurde. Es wird dazu in kürzeren Abständen belastbare Bedarfsanalysen vorlegen.
Nur wenn das wirklich geschieht, d.h. wenn die Landesregierung alles tut, die Anzahl von Bewerbern für freie Planstellen durch Ausweitung der Kapazitäten der Universitäten und ZfsL zukünftig dem Bedarf anzupassen, werden die Grundschulen im Lande die Belas-tungen als vorübergehend einschätzen und ertragen können. (Siehe allerdings Hand-lungsfeld 7)

Handlungsfeld 5
Sächliche Rahmenbedingungen
Hier sind die entscheidenden Handlungsträger die Kommunen. Der Einfluss des Landes beschränkt sich auf Angebote zur Finanzierung eines pädagogischen Umbaus der bestehenden und pädagogischen Planung zukünftiger Schulgebäude sowie auf die Budgets für Lehr und Lernmittel.
Im Blick auf pädagogische Architektur kann das Land nur Vorgaben machen und finanzi-elle Unterstützung anbieten, die Kommunen als Schulträger sollen und müssen hier die Akteure bleiben.
Dass inzwischen die Mittel aus dem Förderprogramm „Gute Schule“ weitgehend angefordert sind, stimmt hoffnungsvoll.
Über eine Erhöhung des Etats für Lern- und Lehrmittel wird nachgedacht.

Handlungsfeld 6
Gemeinsames Lernen – wohnortnah
Bisher hat sich die Landesregierung nur um Regelungen für die Sekundarstufe gekümmert. Die dort angewendete Formel (25+3+1,5) müsste auf die Grundschule umgerechnet und übertragen werden, ohne dass sie als Hinweis auf tatsächliche Klassenbildung missverstanden wird.
Es ist auf jeden Fall nicht geplant, analog zur SEK 1 Schulen des gemeinsamen Lernens gesondert auszuweisen. Es soll dabei bleiben, dass in der Primarstufe diese Aufgabe als Aufgabe aller Schulen verstanden wird. Ob dabei Kindern, bei denen gemeinsames Lernen besondere bauliche, materielle und personelle Ausstattung erforderlich macht, der Besuch von dafür entsprechend ausgestatten „Schwerpunkt“-Schulen nahegelegt, emp-fohlen, ermöglicht wird – das ist noch in der Diskussion.
In der Diskussion ist auch, wie und wann der sonderpädagogische Förderbedarf formell festgestellt wird, wenn nicht bereits in den vorschulischen Einrichtungen entsprechende Festlegungen erfolgt sind.

Handlungsfeld 7
Entlastung des Personals
Dieses Handlungsfeld wurde vom Staatssekretär spontan – mit signalisierter Zustim-mung seiner Mitarbeiter – in den „Masterplan“ aufgenommen. Teilnehmer der Gesprächs-runde hatten Belastungen durch QuA und VERA angeführt, aber auch an die vielfältigen neuen Aufgaben der Lehrkräfte erinnert, die sich hinter den Stichwörtern „Bürokratie“, „Inklusion“, „Integration“, „Ganztag“ „Multiprofessionelles Team“ sowie den allgemein gestiegenen Anforderungen an Erziehung und Beratung ergeben und für die die einzel-ne Schule, anders als die Schulen der Sekundarstufe, kaum Möglichkeiten des Aus-gleichs durch Anrechnungsstunden hat.

FAZIT
Das offene Gespräch in diesem Kreise soll fortgesetzt werden damit – so der Staatssekretär – der Masterplan Grundschule nicht als „ besserwisserischen Maßnahmenpaket der obersten Bildungsbehörde“ daherkommt.

Wir dürfen gespannt bleiben.

 

Baldur Bertling, 1.12.18

Seit 40 Jahren: in NRW Grundschulzeugnisse ohne Noten

Derzeit schreiben wieder viele Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer Zeugnisse für ihre Kinder und bemühen sich, wirklich kindorientierte, ermutigende Lernentwicklungsberichte zu schreiben, die auch Grundlage für beratende Gespräche mit den Eltern und Kindern sein sollen. Dabei gibt es kaum noch eine aktive Lehrkraft, die sich daran erinnert, dass auch an Grundschulen die Zeugnisse einmal anders waren.

Inzwischen ist es nämlich 40 Jahre her, dass im Jahre 1977 in Nordrhein-Westfalen mit dem Erlass zur zensurenfreien Leistungsbewertung in Klasse eins und zwei der Blick von der bloßen Lernstandsmessung auf die Lernentwicklung gelenkt wurde. DER SPIEGEL berichte damals sehr positiv über dieser Entwicklung. (http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-40781831.html) Eine des treibenden Kräfte war damals der Grundschulverband.

Die Entscheidung für zensurenfreie Leistungsbewertung trug der Erkenntnis Rechnung, dass individuelle Lernfortschritte mit Zensuren einfach nicht zu beschreiben sind. Seitdem gibt es in den Grundschulen Zeugnisse mit Lernentwicklungsberichten und – je nach Beschluss der jeweiligen Schulkonferenz – Noten ab Klasse 3 oder 4. Immer noch werden dennoch die Aussagen der Zeugnisse gelegentlich übersetzt in „gut“ und „schlecht“ oder sogar hier und da in klassische Schulnoten umgerechnet. Dabei besteht unter den meisten Lehrkräften der Grundschulen Einigkeit darüber, dass die heute üblichen Lernentwicklungsberichte den Kindern und deren Eltern Rückmeldungen darüber geben, wie weit das einzelne Kind auf seinem persönlichen Lernweg gekommen ist, um Mut zu machen für die nächsten Etappen.

Dabei sind die Worte „gut“ und „schlecht“ genauso unpassend, wie Ziffernnoten. Diese nämlich spiegeln persönliche Fortschritte und Anstrengungen des einzelnen Kindes nicht wider. Ein Kind, das z.B. in Mathe immer eine drei auf dem Zeugnis bekommt, obwohl seine Eltern es auffordern, sich endlich zu verbessern – hat das eigentlich nichts dazu gelernt?
Oder ein Kind, das z.B. in Englisch immer eine vier bekommt, weil es die neuen Inhalte nur schwer behalten kann und deshalb täglich unermüdlich üben muss – hat es sich eigentlich weniger angestrengt, als das Kind, dem alles nur so zufliegt? Der Grundschulverband hat sich seit seiner Gründung im Jahre 1969 dafür eingesetzt, dass Kinder im Lernprozess ermutigende Rückmeldungen erhalten und nicht mit bloßen Ziffern abgespeist werden.
Wenn hier und da Eltern angesichts der zensurenfreien Lernentwicklungsberichte im Beratungsgespräch fragen, was das denn jetzt übersetzt in Noten bedeutet, zeigt sich, dass diese Wende der Sichtweisen in der Gesellschaft noch nicht überall angekommen ist.
„Zu wünschen wäre, dass Eltern angesichts der Zeugnisse mit Ziffernnoten im Beratungsgespräch auch über die Grundschule hinaus nachfragen, welcher Lernfortschritt und welche Anstrengungen sich hinter den einzelnen Noten verbirgt, denn eine inhaltliche Rückmeldung könnte auch dort der ermutigenden Erziehung dienen, wo Zeugnisse nur aus Noten bestehen“, meint Baldur Bertling, Sprecher der Landesgruppe NRW des Grundschulverbandes.

Bewerbermangel an Grundschulen: viele freie Lehrerstellen bleiben unbesetzt

Grundschulverband fordert eine bessere Finanzierung der Grundschulen

Viele Grundschulen in NRW können die gewohnte Qualität der Arbeit nicht sichern, weil freie Lehrerstellen zunehmend nicht besetzt werden können. Zu wenige angehende Grundschulkräfte verlassen die Universitäten und nehmen den Vorbereitungsdienst an den Grundschulen auf. Trotz der angeglichenen Studienbedingungen wird die Gleichwertigkeit der Lehrämter hinsichtlich Berufsstatus, Stundendeputat und Besoldung immer noch nicht gewährleistet. Das führt mittlerweile zu erheblichen Beeinträchtigungen im Hinblick auf eine gesicherte und angemessene Personalausstattung gerade in der Schulstufe, in der alle Kinder erfolgreich gemeinsam lernen und die wesentlichen Grundlagen für das Lernen in den weiterführenden Schulen erwerben sollen.

Es mangelt bei den Beschäftigten an Grundschulen nicht an guten Ideen, Engagement und Begeisterung dafür, die aktuellen Herausforderungen im Interesse der Kinder zu meistern. Es fehlen  schlicht die Schultern, auf die die Belastung verteilt werden kann!

So geht der Grundschule die Puste aus!

Eine weitere strukturelle Benachteiligung der Grundschulen zeigt sich in den zur Verfügung stehenden Anrechnungsstunden: Obwohl die pädagogisch-didaktischen und fachlichen Anforderungen sowie die Tätigkeiten im Bereich Schulentwicklung, Teamarbeit, Kooperation, Schüler- und Elternberatung etc. in der Grundschule nicht geringer sind als in anderen Schulformen, gibt es für solche Aufgaben, die über die reine Unterrichtstätigkeit hinausgehen, umgerechnet auf ca. 100 Kinder und Jugendliche in der Sekundarstufe II 9,5 Anrechnungsstunden – in der Grundschule lediglich 0,9!
Diese und andere Ungleichheiten sind seit längerem bekannt und werden auch auf politischer Ebene diskutiert. In einer Anhörung im Landtag am 7.12.16 zum Masterplan Grundschule stießen die einmütig vorgetragenen Vorschläge der Sachverständigen scheinbar auf breite Unterstützung aller Fraktionen.
Deshalb erwartet der Grundschulverband von den Parteien noch vor den Landtagswahlen konkrete Pläne zur Umsetzung von Maßnahmen, die zur Erhöhung der Attraktivität des Lehramts an Grundschulen und zur Beendigung der chronischen Unterfinanzierung der Grundschule notwendig sind:

  • Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer müssen wie ihre Kolleginnen und Kollegen an weiterführenden Schulen nach A 13 besoldet werden.
  • Für Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer müssen wie für ihre Kolleginnen und Kollegen an den weiterführenden Schulen besser besoldete Funktionsstellen für besondere Aufgaben eingerichtet werden.
  • Die Arbeitszeit der Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer muss an die tatsächliche Arbeitsbelastung angepasst werden.

Nur in einer Grundschule, die auch ein attraktiver Arbeitsplatz ist, werden künftig in ausreichender Zahl qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer erfolgreich für die Bildungsgerechtigkeit im Land Nordrhein-Westfalen eintreten.

Im Interesse der Grundschulkinder führt kein Weg daran vorbei, die erhebliche Unterfinanzierung der Grundschulen endlich zu beenden. Damit die Lokomotive des Bildungssystems wieder flott wird: Mehr Kohle in den Tender! Und dann: Volle Fahrt voraus für alle Kinder und Jugendlichen in NRW

Hattingen, 4. März 2017
Der Vorstand der Landesgruppe NRW des Grundschulverbandes

Aus dem Landtag: CDU fordert einen Masterplan Grundschule (7.12.16)

„Landesregierung muss einen „Masterplan Grundschule“ vorlegen“ in Verbindung mit „Grundschulen stärken – Rahmenbedingungen zur Besetzung von Schulleitungspositionen verbessern“

Öffentliche Anhörung von Sachverständigen am 7. Dezember 2016

Sicherlich war es nur ein Zufall, dass diese Anhörung am Tag gleich nach Nikolaus stattfand. So schien es eine gute Gelegenheit für die beteiligten Sachverständigen, ihre Wunschzettel in Sachen Grundschule abzugeben.

CDU und FDP hatten Anträge vorgelegt, mit denen sie ihre Vorstellungen zur Weiterentwicklung der Grundschule in die parlamentarischen Beratungen einbringen wollten.
Beim genaueren Hinsehen gibt es da von diesen beiden Fraktionen nur wenig Neues. Das meiste entspricht den Planungen der Landesregierung bzw. den Forderungen, die auch vom Grundschulverband, der GEW und dem VBE seit längerem gestellt werden. Da kann man eigentlich erwarten, dass es nun im Parlament zügig voran geht in Sachen Anrechnungsstunden, Besoldung, Leitungszeit, Qualität im Ganztag, Schulsozialarbeit und Sprachförderung, jetzt wo auch CDU und FDP sich mit der Grundschule profilieren wollen.
Bei der Anhörung wurde auch deutlich, dass bei den Verbänden und den Schulen Einigkeit darin besteht, für jede Schule auch eine stellvertretende Schulleitung, eine angemessene Vertretungsreserve und eine Entlastung der Schulleitung von einfachen Verwaltungsaufgaben zu fordern. Ob letzteres auch durch den Einsatz von Schulassistenten erreicht werden soll, muss wohl noch diskutiert werden.

Alle Sachverständigen äußerten sich kritisch zum Vorschlag der CDU, Inklusion nur dort zu verwirklichen, wo die fachlichen und sachlichen Voraussetzungen gegeben sind. Da wird eine berechtigte Kritik umgedreht zu einem Argument, ein wesentliches Element der Schulentwicklung zu verhindern. Es bleibt doch Aufgabe der Politik, die Voraussetzungen für Inklusion zu schaffen – wie es Aufgabe der Verbände bleibt, dies von der Politik einzufordern!
Genauso bleibt es eine drängende Aufgabe, die Lehrerversorgung auch in sozialen Brennpunkten zu sichern. Es ist tatsächlich dramatisch, wenn z.B. aus Duisburg berichtet werden muss, dass von 97 ausgeschriebenen Stellen nur 34 besetzt werden konnten, weil schlicht die Bewerber fehlen.

Da reicht auch nicht – wie von der Opposition im Landtag vorgeschlagen – eine breit angelegte Werbekampagne. Vielmehr muss, wie Maxi Brautmeier-Ulrich als Vertreterin des Grundschulverbandes im Schlusswort der Anhörung deutlich machen konnte, neben der Wertschätzung durch bessere Besoldung auch eine deutliche Entlastung der Beschäftigten den Arbeitsplatz Grundschule wieder attraktiv machen.

Bericht:
Baldur Bertling, GSV

November 2015 Diskussion der Vorschläge der Projektgruppe Schulleitungen

Schulleitung attraktiv machen!

In den neuen „Empfehlungen zur Arbeit in der Grundschule“ der Kultusministerkonferenz findet sich – nach vielen positiven Aussagen zur Pädagogik der Grundschule – der Satz „Die gesellschaftliche Wertschätzung der Grundschule drückt sich in der Sicherung der … notwendigen Ressourcen aus.“ Dazu passend finden sich in einem Abschlussbericht der Projektgruppe Schulleitungen des MSW, der dem Landtag vorgelegt wurde, wichtige und richtige Empfehlungen zur Verbesserung der Arbeitssituation von Schulleitungen und Lehrkräften an Grundschulen.
Diese Auszüge gibt es auch als pdf zum Ausdrucken.
Den ganzen Bericht ( 61 Seiten) gibt es als Download auf den Internetseiten des Landtages:
http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument?typ=P&Id=MMV16/3368&quelle=alle&wm=1&action=anzeigen

April 2015 Anhörungen im Landtag zu "Schreibschrift" und "Offener Ganztag"

Anhörungen im Landtag “Schreibschrift” und “Offener Ganztag”

Bei den beiden Anhörungen waren Vorstandsmitglieder der Landesgruppe als Experten eingeladen und brachten die jeweilige Sicht des Grundschulverbandes in die Diskussion ein.

Bei beiden Themen wurde deutlich, dass jeweils auch übergeordnete und grundsätzliche Prinzipien einer reformorientierten, allen Kindern gerecht werdenden Grundschule, mitgedacht und diskutiert werden müssen. Am Beispiel der Grundschrift zeigten Linda Kindler und Maxi Brautmeier-Ulrich in ihrer Stellungnahme auf, dass das Ziel einer flüssigen, gut lesbaren Handschrift nicht mit einem gesonderten, nach dem Erlernen der Druckschrift einsetzenden Schreiblehrgang erreicht wird. Maßgebend ist vielmehr ein umfassenderes didaktisches Verständnis, dass das Erlenen einer eigenen Handschrift sinnvoll in den Erwerb der Schriftsprache insgesamt integriert und so das grundlegende Prinzip des ‚Lernens auf eigenen Wegen‘ auch in diesem Bereich erfolgreich umsetzt

Das Protokoll der Ausschusssitzung gibt es auf den Internetseiten des Landtages. http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMA16-877.pdf

Auch die Stellungnahme des GSV bei der Anhörung zur Qualitätsentwicklung im offenen Ganztag verwies darauf, dass alle Überlegungen an dem Ziel einer ganztägigen Bildung für alle Kinder als Beitrag für mehr Chancengerechtigkeit ausgerichtet sein müssen – eine Zielvorgabe, die aufgrund der derzeitigen finanzpolitischen Vorgaben nur in kleinen Schritten

angestrebt werden kann. Um auch hier wichtige Prinzipien einer umfassenden, an den individuellen Lernprozessen und -bedürfnissen der Kinder ausgerichteten Bildung wirksam werden zu lassen, ist insbesondere eine Veränderung der Trennung zwischen ‚Unterricht am Vormittag‘ und ‚Betreuung am Nachmittag‘ ein erster Schritt zu einer kindgemäßen Gestaltung und Rhythmisierung schulischen Lernens: ‚Mehr Nachmittag in den Vormittag‘ lautet daher die Forderung des GSV an die Politik für die zukünftigen Entwicklungsprozesse in der (offenen) Ganztagsschule.

(zum Protokoll der Sitzung: http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMA16-879.pdf

(BS)

2015 Gespräche mit den Landtagsfraktionen

Aus Sicht des Vorstandes ging es hauptsächlich darum, mit den Parteien ins Gespräch zu kommen und sich zu den westenlichen aktuellen bildungspolitischen Fragen im Bereich der Gnmdschule auszutauschen. Schwerpunkte der Gespräche bezogen sich insbesondere auf die Umsetzung von Inklusion in der Praxis, auf die Gestalttmg und Qualität des offenen Ganztags und auf die Möglichkeiten der einzelnen Schule für eine qualitätsbezogene Schulentwicklung ,vor Ort’.
Der Landesvorstand traf dabei auf fachlich kompetente und gut informierte Gesprächspartner; die. Gespräche verliefen durch­weg in einer sehr angenelunen Atmosphäre und die Bereitschaft, auf die Themen und die Einschätzungen des Landesvorstan­des dazu einzugehen, ,var deutlich spürbar. Deutlich erkennbar \Varen in der Diskussion die Unterschiede, die sich aufgrund der je,veiligen politischen Position ergaben – so wurde die Ressourcenfrage bei den Regierungsfraktionen (SPD, Bündnis 90/ DIE GRÜNEN) aufgrund der Einbindtlllg in die finanzpolitischen Vorgaben anders aufgenollllllen als z .B. bei der oppositio­nellen Partei der PIRATEN.
Insgesamt gab es kaum inhaltliche Diskrepanzen – dafiir aber auch Aspekte, die von uns neu eingebracht werden konnten. Zu letzteren gehört der Gedanke einer Kooperationssttu1de fiir Grundschulen um in den Kollegien mehr Zeit fiir die dringend notwendige Kooperation tmd Ven1etzung zu haben ohne die die ansp,uchsvollen und zunehmenden Aufgaben in de.r Gnmd­schule nicht befriedigend bearbeitet ,verden können.
Auch die vielfache Ungleichbehandltmg der Grundschule im Vergleich zu den \Veiterfiihrenden Schulen (z.B. Schulleitungs­besoldtu1g, Schulleittmgsentlasttmg, Gleichbehandlung der Seminarausbilderinnen und Seminarausbilder im Vorbereitungs­dienst) ,vurde noch einmal am Beispiel der Anrechnungssttmden in der Gn1ndschule thematisiert. Diese dienen lt. Erlass u.a. der ständigen Wahrnehmung besonderer schulischer Aufgaben, fiir die Mitgliedschaft im Lehrerrat, nun Ausgleich besonderer beruflicher Belastungen und für die Tätigkeit als Ansprechpartnerin fiir Gleichstelhmgsfragen – die geltende Berechnung sieht fiir die Gnmdschule dabei den niedrigsten Faktor vor, obgleich die Aufgabenfiille sich nicht von den anderen Schulformen 1u1terscheidet.

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Mai 2014 "Rächtschraibkaterstrofe" Expertenanhörung im Landtag

Öffentliche Anhörung

des Ausschusses für Schule und Weiterbildung des Landtags NRW
am Mittwoch, dem 7. Mai 2014 13.30 Uhr, Plenarsaal
Antrag der Fraktion der FDP, Drucksache 16/4029
“Katastrophale Defizite in der Rechtschreibung
„Lesen durch Schreiben” und daraus abgeleitete Methoden aussetzen und umfassend überprüfen”

Am 7. Mai war eine Anhörung im Landtag, bei der 11 Experten Stellung bezogen zum Antrag der FDP Fraktion, die Methode „Lesen durch Schreiben“ und alle darauf fußenden Konzepte zu verbieten, bis einen großangelegte wissenschaftliche Studie deren Verbreitung und Wirksamkeit untersucht hat.

Inhaltlich entsprach die Diskussion dem, was in Hamburg bereits gelaufen ist und was auch z.B. auf den Internetseiten des Grundschulverbandes ausführlich dokumentiert ist. Kurz: Es gibt viele Gründe, den Schreibunterricht auch in den weiterführenden Schulen wirklich ernst zu nehmen, es gibt aber keine Veranlassung, einzelne Methoden zu verbieten.

Die Stellungnahmen der Experten befinden sich auf diesen Internetseiten des Landtages.

Das Protokoll der Anhörung ist hier nachzulesen.

Neu allerdings war das Presseecho: Die Rheinische Post berichtete auf ihrer Titelseite: “Lehrerverbände und Bildungsexperten wollen den Deutschunterricht in der Grundschule reformieren“. Anlass dieser Reform sei: Die meisten Grundschüler in NRW lernen die Rechtschreibung nach dem Muster “Schreib, wie du sprichst – der Rest kommt von allein”. Quelle: RP-Online

Abgesehen davon, dass diese Unterstellung eine Beleidigung der Grundschullehrkräfte darstellt, entstand ein völlig falscher Eindruck von dieser Expertenanhörung.

Hans Brügelmann und Baldur Bertling, die beide als Experten an der Anhörung teilgenommen hatten, haben versucht, diesen Eindruck in Leserbriefen zu korrigieren.